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Steingewordene Götterwelten – Eine Auseinandersetzung mit den Bautraditionen der Kulturen Mittelamerikas

 

Das Bild, das wir von den mittel- und südamerikanischen Hochkulturen haben, basiert häufig auf einschlägig gefärbten Filmen, Spielen und Büchern. Dabei bleibt oft auf der Strecke, dass es sich bei den historischen Völkern Amerikas um komplexe Gesellschaften mit einer hochentwickelten Verwaltung, Gesetzgebung – und eben auch – Architekturgeschichte handelt.

Ziel des Wahlfach Außereuropäische Baugeschichte (angeboten im Sommersemester 2024) war es, sich tiefergehend mit den Stilrichtungen und Bautypen der amerikanischen Architektur vor der Ankunft von Kolumbus auseinanderzusetzen.

 

 

 

 

Sonnenpyramide in Teotihuacan, Mexiko (Foto: Ralf Roletschek)

 

 

Zunächst galt es sich mit den historischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen. Im Rahmen eines Inputvortrages wurde auf die zeitliche Abfolge und territoriale Ausdehnung der verschiedenen Kulturen eingegangen. Eine wichtige Erkenntnis daraus war etwa, dass die Kultur der Olmeken in vielfacher Hinsicht als Mutterkultur für ganz Mittelamerika angesehen werden kann. Zwar waren ihre Gebäude noch einfache Erdaufschüttungen, aber wichtige Bautypen, wie Ballspielplätze und Observatorien sind bereits in ihren Grundzügen angelegt gewesen.

Durch Handel und Krieg beeinflussten die Olmeken ihre Nachbarn nicht nur in Sachen der Religion, sondern auch in der Architektur. Ähnlich wie in Europa entwickelten sich Saaten, die miteinander in Konkurrenz standen, aber auf einem einheitlichen kulturellen und religiösen Fundament standen.

 

 

 

Bookletbeitrag zum so genannten Gouverneuerspalast in Uxmal (Plandarstellungen: Adrian van Lessen)

 

 

Im weiteren Verlauf erarbeiteten sich die Studierenden anhand von ausgewählten Bauten die Merkmale einer bestimmten Stilrichtung oder Zeitepoche selbständig und stellten sich diese gegenseitig vor. In der gemeinsamen Diskussion konnte dann geklärt werden, wie sich die unterschiedlichen Strömungen gegenseitig beeinflusst haben und welche politischen Entwicklungen dabei eine Rolle gespielt haben.

Zuletzt wurden dann die gewonnenen Erkenntnisse zu den jeweiligen Bauten in einem kleinen Booklet prägnant zusammengefasst.

Insgesamt war es unglaublich spannend zu sehen, wie reich und vielfältig das architektonische Erbe ist, das sich über so viele Jahrhunderte in diesem Teil der Welt entwickelt hat.

 

Beitrag: J.A., 20.10.2024

 

Steinmetzzeichen am Heidelberger Schloss

In wieweit können Steinmetzzeichen bei der historischen Bauforschung helfen Bauphasen einzugrenzen oder Bauabläufe bei einzelnen Mauern aufzudecken?

Neben der Vermittlung von Grundlagen zur Bauforschung ging es besonders um das Phänomen Steinmetzzeichen in diesem Seminar im Wintersemester 2023/24.

 

Zunächst wurde der aktuelle Forschungsstand erarbeitet und die vielen offenen Fragen rund um das Thema erörtert. Eigene Fragestellungen sollten folgen, die über Hypothesenbildung eventuell zu neuen Erkenntnissen in einem lokal begrenzten Bereich führen können. Im diesem Fall boten die Befestigungsmauern am Heidelberger Schloss unter Ludwig V (1508-1544) und der nachfolgenden Kurfürsten bis zum Ende des 16. Jahrhundert eine ideale Ausgangslage. Die großen Quadermauern bestehen aus sehr sorgfältig behauenen Spiegelquadern, die eine ganz charakteristische Steinoberfläche mit gestocktem Spiegel und breiten Randschlag oder Zierschlag aufweisen und in den meisten Fällen auch ein gut sichtbares Steinmetzzeichen eingehauen haben.

 

 

Abklatsch eines Steinmetztzeichens am Heidelberger Schloss (Foto: Nikolaus Koch)

 

Die Zeichen wurden gemeinsam gesammelt und lagegetreu in Plänen verzeichnet. Bei schwer lesbaren Steinmetzzeichen kamen unterschiedliche Techniken, wie Streiflicht oder der klassische Abklatsch zum Einsatz, um die Identifikation dieser Zeichen zu ermöglichen.

 

 

 

(Fotos: Nikolaus Koch)

 

Da aktuell am Heidelberger Schloss Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden, war es an einigen Stellen möglich die Quader vom Gerüst aus in Augenschein zu nehmen. So konnte zudem methodisch überprüft werden, inwiefern Steinmetzzeichen, gesehen aus größerer Entfernung, korrekt identifiziert wurden.

 

 

Übersichtsplan zu den untersuchten Bereiche (gemeinfrei)

 

Bemerkenswert ist die Varianz in der Größe, die von sehr kleinen Zeichen auf dem Randschlag bis hin zu Ausnutzung der kompletten Steinoberfläche reicht. Anschließend daran wurde die Frage, ob denn hinter einem gleichen Zeichen auch immer derselbe Steinmetz zu vermuten ist und weiter die Frage zur Arbeitsleistung eines einzelnen Steinmetzen wie auch die Verteilung über angrenzende oder entfernte Mauern hinweg behandelt. Dies ohne konkretes Ergebnis, da weitere Mauerabschnitte erst noch bearbeitet werden müssen.

Aus bautechnischer Schicht wurden Themen wie das Heben der Steine mithilfe der Steinzange durchgesprochen. Wiederkehrende Spuren von Beschädigungen an den Mauern zeigten die Bemühungen der französischen Truppen im pfälzischen Erbfolgekrieg, die gigantischen Befestigungsmauern durch Sprengminen niederzulegen, was zum Glück nicht gelang.

 

Beitrag: N.K., 19.04.2024

 

Archäologische Bauaufnahme zum Umfeld der Agora von Lyrbe

Seit einem Jahr arbeitet das Labor für Bauforschung an einem Projekt zur Erfassung und Rekonstruktion des Kerngebiets der antiken Stadt Lyrbe in der Türkei. Im Rahmen einer zweiwöchigen Kampagne konnten nun unter der Beteiligung von vier Studierenden des Studiengangs Baukulturerbe erneut viele Erkenntnisse gesammelt werden.

Die Freude war groß, als von den türkischen Behörden die Genehmigung zur Durchführung unseres Forschungsvorhaben in Lyrbe kam. Wie auch im letzten Jahr, lag dabei der Fokus auf dem sogenannten Gebäude H, dass sich unmittelbar nördlich der Agora befindet.

 

Gebäude H von Süden aus betrachtet (Foto: Nikolaus Koch)


Nachdem zuletzt der Grundriss sowie mehrere Schnitte des südlichen Gebäudeteiles aufgenommen wurden, bestand nun die Aufgabe darin, den Grundriss im nördlichen Bereich zu ergänzen und die Ansichten der noch gut erhaltenen Mauerreste zu zeichnen.

Dabei kamen je nach Aufgabe unterschiedliche Methoden zur Anwendung. Beispielsweise wurde zur Erstellung der Ansichten ein SfM-3D-Modell als Grundlage für Handzeichnungen genutzt. Wie üblich in der archäologischen Bauaufnahme, sind die Aufsichten im Grundriss mit einem Tachymeter eingeschossen worden. Außerdem wurden Profile einzelner Bauteile zeichnerisch festgehalten und miteinander verglichen.

 

(Foto: Nikolaus Koch)

Durch die rege Beteiligung der Studierenden, lag in kurzer Zeit so viel Material vor, dass wichtige Befunde gemeinsam diskutiert und erste stichhaltige Theorien zur Baugeschichte entwickelt werden konnten.

 

Von links nach rechts: Nikolaus Koch, Jacob Antoci, Alex Bailey, Corinna Rohn, Zoe Ludwig, Leonie Eilhauer, Jule Arens und Lisa Weiß (Foto: Nikolaus Koch)

Unsere Forschungen zum Umfeld der Agora sind Teil eines größeren archäologischen Survey-Projektes, welches seit 2021 in Lyrbe durchgeführt wird. Wir sind froh, in diesem Rahmen einen Beitrag zum Verständnis der Stadt Lyrbe und ihrer Bewohner leisten zu können.


Beitrag: J.A., 16.04.2024

 

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